„Dem hat einer auf den Schwanz getreten“ ist der klassische Vorbericht für unseren heutigen Fall. Gleich vorweg: das stimmt nicht! Unser Thema ist die Schwanzspitzennekrose der Mastrinder. Klar, theoretisch ist es möglich, dass sich Bullen gegenseitig auf den Schwanz treten. Aber: das ist extrem selten und dann treten die auch nicht auf die Schwanzspitze, sondern eher weiter oben. Man kann dann Quetschungsverletzungen beobachten.
Erste Veränderungen der Schwanzspitze (Hyperkeratose, Haarausfall) treten meist bei Mastbullen mit 200 kg auf. Probleme mit einer Entzündung der Schwanzspitze haben in der Regel Tiere mit mehr als 300 kg.
Die Ursache ist eine Pansenübersäuerung, welche zum Absterben von Pansenbakterien und zu Schäden der Pansenschleimhaut führt. Die von den toten Bakterien freiwerdenen Toxine werden dann aufgenommen und führen zu Durchblutungsstörungen der Endstromgebiete. So kommt es zu absterbendem Gewebe, nachfolgend zur Ansiedlung von Eiterbakterien.
In leichten Fällen kann man mit Antibiose und Schmerzmittel noch etwas erreichen, aber so früh werden einem die Bullen selten vorgestellt. Meistens muss man den entzündeten Schwanz amputieren, denn die Eitererreger können sonst ins Rückenmark aufsteigen und zum Festliegen führen oder sich in den Gelenken ansiedeln und dort eine Arthritis auslösen. Die „Amputation“ mit Gummiringen ist zum einen verboten und zum anderen können die Bakterien den Gummiring unterwandern. Man muss also chirurgisch amputieren.
Zur Prophylaxe ist eine gute Fütterung wichtig. Sprich: ausreichend Struktur (peNDF, Zufütterung von 1 g Stroh pro kg Bullengewicht), langsame Gewöhnung an Kraftfutter, gute Mischung der Ration (kein Kraftfutter drüberstreuen!), beständige Stärke (Mais, statt Weizen oder Gerse), ggf. Zufütterung von Na-Bikarbonat.
Bullen mit mehr Platz haben weniger Schwanzspitzennekrosen. Solche Tiere liegen mehr, kauen somit mehr wieder und der pH-Wert des Pansens wird durch mehr Speichel (welcher Puffersubstanzen enthält) erhöht. Zudem ist der Konkurrenzdruck geringer, was zu einer gleichmäßigeren Futteraufnahme führt.
Die Schwanzspitzennekrose der Milchkühe hat andere Ursachen. Das Problem tritt dort vor allem bei kurzen Liegeboxen auf, wenn der Schwanz hinaushängt und der Schieber über die Spalten fährt.
Literatur
KORDOWITZKI, P. (2015): Untersuchungen zum Auftreten der Schwanzspitzennekrose bei Mastbullen. – Dissertation, FU Berlin, 125 S.