Häufige Dinge sind häufig, seltene Dinge selten…
Bekommt man eine Kuh in den ersten 3-4 Wochen nach der Kalbung mit dem Vorbericht „die kommt nicht so richtig auf Milch“ (sprich der erwartete Anstieg der Laktationskurve unterbleibt) vorgestellt, ist die Ketose eine häufig diagnostizierte Erkrankung.
Allgemein gesprochen ist es im weitesten Sinne eine Erkrankung des Energiestoffwechsels der Kuh (der Fokus soll heute nicht auf Pathogenese, Diagnostik, Symptomatik und Differentialdiagnose liegen), die typisch für diesen Zeitpunkt der Laktation ist.
Dabei gilt es zunächst zwischen primärer und sekundärer Ketose zu unterscheiden.
Bei der primären Ketose handelt es sich um eine Erkrankung des Energiestoffwechsels selbst (betrifft auch normal konditionierte Kühe mit guter Vorbereitungsfütterung), die sekundäre Ketose dagegen wird durch eine andere Grunderkrankung (Metritis, Labmagenverlagerung, Lahmheit…) mit dadurch reduzierter Futteraufnahme verursacht.
Doch zurück zu unserer Patientin auf dem ersten Bild. Bei dieser Dame fiel in der ersten „Übersichtsuntersuchung“ lediglich eine nur geringgradig reduzierte Pansentätigkeit und ein mittelgradig erhöhter ß-Hydroxybutyrat-Gehalt im Blut, auf den zweiten Blick auch mittelgradig erhöhter Speichelfluss auf.
Ein Blick ins Maul bzw auf die Zähne (Bild 2) zeigt den Übeltäter und Verursacher der Ketose: 3 kaputte und lose Incisivi (Schneidezähne) – sprich, die Kuh hat einfach Zahnweh, frisst dadurch weniger und rutscht in einen Energiemangel.
Die Therapie für diese sehr lockeren „Wackelzähne“ ist simpel: kleine Lokalanästhesie, raus damit und die nächsten Tage Schmerzmittel (auch nicht anders als bei uns).
Fazit: manchmal lohnt sich auch bei einem „Routinefall“ ein zweiter Blick.