Auch dieses Kalb hat es unglücklich getroffen. Es sprang beim Ausmisten in die sich schließenden Zinken des Krokodilgebisses vom Radlader.
Das Ergebnis: mehrere perforierende Wunden im Bereich des Brustkorbs – ein lebensbedrohlicher Zustand. Denn normalerweise herrscht im Brustkorb Unterdruck. Kommt es durch die Perforation zu einem Lufteintritt in den Brustkorb kollabiert die Lunge und wird nicht mehr belüftet. Man nennt dies Pneumothorax. Das Kalb hat dementsprechend neben den Schmerzen auch hochgradige Atemnot.
Wie behebt man diesen Zustand jetzt?
Man verschließt die vorhandenen Wunden chirurgisch und legt einen Schlauch mit angeschlossenem 3-Wege-Hahn, eine Thoraxdrainage, in den Brustkorb. Mit der aufgesetzten Spritze (siehe Bilder) kann man dann die eingedrungene Luft aus dem Brustkorb entfernen – sprich erneut Unterdruck aufbauen. So entfaltet sich die Lunge wieder, das Kalb kann besser atmen.
Natürlich muss dieses Tier auch für mehrere Tage unter Antibiose und Schmerzmittel gestellt werde. Je nach Zustand kann man am 2. und 3. Tag noch etwas Luft absaugen. Dann sollte die Drainage wieder gezogen werden.
Hat man so ein System als Rinderpraktiker regulär an Bord? Eher nicht. Aber wenn die Praxis auch einen Kleintieranteil hat oder es nette Kollegen im Umkreis gibt, lohnt es sich bei entsprechendem telefonischen Vorbericht so etwas einzupacken.
Natürlich ist dies ein Einzelfall, bei dem der Landwirt abwägen muss, ob er diesen Eingriff aus wirtschaftlicher Sicht vornehmen lässt, denn das Infektionsrisiko ist nicht gerade klein (auch hier waren die Zinken nicht unbedingt steril – es wurde ja ausgemistet) zeigt aber auch, dass Rindermedizin neben rektalen Untersuchungen und Husten und Durchfall auch aus spannenden Herausforderungen besteht. Manchmal muss man einfach mal was probieren.