Ohrenspülung beim Kalb

Vor ein paar Wochen haben wir uns ja schon einmal mit dem Thema Hängeohr befasst. Eine Mittelohrentzündung kann für den Kälbertierarzt eine undankbare Sache sein. Manchmal nützt das ganze spritzen nichts, das Ohr bleibt einfach hängen. Dann muss man sich etwas neues überlegen. Wir nehmen dann eine Ohrenspülung vor.

Die Angelegenheit ist schmerzhaft, daher muss es unbedingt in Vollnarkose passieren. Tipp: vor der Narkose unbedingt merken welches Ohr hängt, in Narkose sieht man das nämlich nicht mehr.

Nun benötigt man eine große Spritze mit 2%iger PVP-Jod-Lösung und einer Heidelberger Verlängerung (ein Schlauch den man an die Spritze anschließen kann). Am freien Ende der Heidelberger Verlängerung wird der Platikanschluss entfernt, so dass man ein einfaches Schlauchende hat. Den Schlauch steckt man in das Ohr möglichst tief rein. Dann hält der Landwirt*in das Ohr mit beiden Händen fest zu. Mit der Jodlösung wird dann soviel Druck aufgebaut, dass das Trommelfell platzt. Die Jodlösung kommt dann aus der Nase heraus (Äußeres Ohr => Mittelohr => Eustachische Röhre => Nasen-Rachen-Raum => Nase). Man zerstört also bei dieser Aktion das Trommelfell. Wer selbst schon einmal eine Mittelohrentzündung hatte weiß wie unangenehm der Druck auf dem Trommelfell ist und wie befreiend es ist wenn es platzt. Zudem kann dann der Eiter in den nächsten Tagen gut ablaufen. Vorteil Nummero Drei: Man hat mit einer desinfizierenden Lösung da mal den Dreck rausgespült.

Man benötigt 100 bis 500 ml Jodlösung. Hängt davon ab wie gut zugehalten wird, denn wenn es nicht perfekt zugehalten wird kommt es einfach aus dem Ohr raus und der Landwirt hat Jod an den Fingern, deshalb trägt er auf dem Foto auch Einweghandschuhe.

Schon vor der Spülung sollte so ein Kalb mit einem Schmerzmittel versorgt werden (Schmerzgedächtnis!). Zudem ein trübes Antibiotikum, um eine Infektion der Wunde zu verhindern. Trübe Antibiotika helfen meist ganz gut gegen Eitererreger. Wenn du im Tierarztauto mal ein paar Flaschen in die Hand nimmst wirst du schon erkennen welche klar sind und welche trüb sind. Amoxicillin ist beispielsweise (fast) immer trüb. Wir geben das Antibiotikum für gewöhnlich 5 Tage, das Schmerzmitteln drei Tage. Je nach Zustand des Patienten gelegentlich länger.

Das Trommelfell wächst irgendwann wieder zusammen. Aufgrund der Krümmung des Meatus acusticus externus kann man selbst mit Otoskop das Trommelfell nicht sehen. Es ist also schwierig zu sagen wie lange es dauert bis es zusammen wächst. Bei Sektionen oder am Schlachthof kann man allerdings feststellen, dass es das tut.

Wie ihr auf den in den Wochen nach der Spülung aufgenommenen Bildern seht ist das Ohr inzwischen nicht wiederzuerkennen.

Die Kälber können nachher noch hören, aber auf dem Ohr etwas schlechter, sie haben aber ja noch ein zweites Ohr.

Wenn man etwas gescheiter klingen möchte, dann sagt man nicht Ohrenspülung, sondern Myringotomie.