Zeigt eine hochtragende Kuh unruhiges Verhalten, hält den Schwanz ab oder liegt apathisch ohne Anzeichen von Wehen, sollte eine Gebärmutterverdrehung immer in Betracht gezogen werden.
Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Zustand für Kuh und Kalb.
Die Diagnose erfolgt durch eine Kombination von vaginaler und rektaler Untersuchung.
Es gilt den Sitz (postzervikal und die seltenere präzervikale Torsio uteri -> Sitz der Drehstelle vor oder hinter dem Muttermund) die Drehrichtung (links-/rechtsseitig) und den Grad der Torsion zu unterscheiden.
Von vaginal fällt bei einer postzervikalen Torsio uteri eine Faltenbildung in der Scheide auf. Um sich den Faltenverlauf besser vorstellen können, schaut euch das erste Bild an. Sie stellen eine rechtsseitige Torsio von 360° dar, die „Waschlappenzervix“ ist komplett zugedreht. Bei Drehgraden von 90° ist der Muttermund noch für Gliedmaßen oder den Kopf passierbar, bei 180° nur noch für ca. eine Hand.
Von rektal ist ein strangartiger Verlauf des jeweiligen Mutterbandes zu spüren. Bei linksseitiger Torsion zieht dabei ein Strang von rechts oben nach links unten, bei rechtsseitiger Torsion von links oben nach rechts unten.
begünstigende/auslösende Faktoren
- starke Asymmetrie des Uterus in der Hochträchtigkeit (Kalb liegt im rechten oder linken Horn)
- Calciummangel
- steigende Laktationsnummer (mit zunehmender Anzahl von Geburten dehnen sich die breiten Gebärmutterbänder, dadurch ist der Uterus nicht mehr so fest im Becken aufgehängt)
- Transport und Wälzen der Kuh
- Fruchtbewegungen beim Aufstehen des Muttertieres
Öffnung der Torsio
Ist die Torsio, sowie deren Grad und Drehrichtung diagnostiziert geht es an die Öffnung. Dafür stehen verschiedene Techniken/Hilfsmittel zur Verfügung, deren Einsatz von Drehgrad, dem Zustand der Kuh und der vorhandenen „Manpower“ abhängt.
- Aufdrehen „per Hand“
- Geburtsgabel nach Caemmerer
- Gynstick
- Brettwälzmethode
Bei Methode 1-3 muss die Zervix für mindestens 1 Hand passierbar sein. Vor Retorsion sollte man zudem eine kleine Epiduralanästhesie setzen.
Leichte Fälle lassen sich lösen in dem man den ganzen Arm in die Kuh steckt, Kalb und Gebärmutter leicht in Schwingung bringt und dann entgegen der Drehrichtung aufdreht. Ist das Kalb noch lebig hilft es häufig durch Eigenbewegung mit.
Aber machen wir uns Nichts vor, es ist leider häufig nicht so easy. Wir sind alle drei keine Riesen mit elendslangen Armen und die Kuh liegt im blödesten Fall noch fest, so dass man dankbar ist wenn man Nr. 2 oder Nr. 3 dabei hat. Beide Instrumente basieren auf dem gleichen Prinzip. Mit den Manschetten der Gabel bzw dem roten und schwarzen Strick vom Gynstick fixiert man die Beine des Kalbes (in der Kuh), der Landwirt kriegt den Job nach Anweisung mit dem „Querriegel“ den Stick/die Gabel zu drehen. Der Tierarzt verbleibt in der Kuh und kontrolliert Drehgrad/-stärke und die Lage des Kalbes.
Der Gynstick erleichtert einem das Leben auch noch bei einigen anderen „Geburtsproblemen“ (Stellung- und Haltungskorrekturen). Das würde den Rahmen hier sprengen, aber schaut bei Interesse mal bei YouTube vorbei.
Bei der Brettwälzmethode schnürt man die Kuh nieder, fixiert den Uterus mit Hilfe eines langen dünnen Brettes und einer leichten Person oben drauf (nicht schwerer als 50 kg, sonst Gefahr der Uterusruptur!) dreht die Kuh über den Rücken quasi um ihre Gebärmutter herum.
Torsio rechts –>Kuh auf rechts legen–> Kuh nach rechts drehen
Im Idealfall braucht man dafür 6 Personen (1 am Kopf, je 2 an Vorder-und Hintergliedmaßen, 1 auf dem Brett)
Eure Diagnose hinsichtlich Drehrichtung der Torsio sollte also vorher sicher stehen.
Komplikationen
Auch nach erfolgreichem Aufdrehen kann es noch zu Komplikationen kommen. Häufig sind dabei eine ungenügende Öffnung der Zervix, aber auch Risse im Drehstellenbereich (durch die Mangeldurchblutung während der Torsion wird das Gewebe brüchig). Somit kann es immer noch sein, dass ein Kaiserschnitt nötig wird und auch dieser ein erhöhtes Komplikationsrisiko (Perforation des Uterus, Ausreißen der Nähte) birgt. Es ist für alle Seiten hochgradig frustrierend die Torsio erst aufgedreht zu bekommen, dann doch einen Kaiserschnitt machen zu müssen, um am Ende einen pechschwarze, bröselige Uterus vorzufinden.